Ionenstärke und Nichtideale Lösungen

Aktivität vs. Konzentration

Gelöste Ionen interagieren sowohl untereinander als auch mit H2O-Molekülen. So müssen Reaktionspartner bei ihrer Annäherung die sie umgebenden Ionenwolken über­winden. Die dabei aufzubringende Energie geht vom Gewinn der Reaktionsenthalpie ab. Formal wird dies durch eine Herabsetzung der thermodynamisch wirksamen Konzentrationen des Ions i ausgedrückt:

(1) Aktivität ai  =  effektive Konzentration  ≤  reale (messbare) Konzentration ci

In stark verdünnten Lösungen, d.h. bei sehr kleinen Konzentrationen ci, verschwindet die Ionen-Wechselwirkung untereinander (die Ionen behindern sich nicht mehr gegen­seitig). Man spricht dann von einer idealen Lösung, bei der die Aktivität gleich der molaren Konzentration ist:

(2) ideale Lösung:     ai = ci

In der Regel hat man es aber mit nicht-idealen Lösungen zu tun. Deshalb geht aqion bei der Berechnung nicht von der analytisch messbaren Konzentration ci, sondern immer von der Aktivität ai aus.

Aktivitätskoeffizient γi

Die Berechnung der Aktivität aus der molaren Konzentration geschieht mittels des Aktivitätskoeffizienten γi (≤ 1):

(3) ai  =  γi ci ( Aktivität  =  γi × Konzentration )

Im Grenzfall einer unendlich verdünnten Lösung, nähert sich der Aktivitätskoeffizient dem Wert 1:

(4) ideale Lösung:     γi = 1

γi berücksichtigt die von den anderen Ionen erzeugte elektrostatische Abschirmung. Demzufolge hängt γi von der Ionenstärke der Lösung ab. Es gibt mehrere empirische Modellansätze, um die Aktivitätskoeffizienten γi zu berechnen.

Ionenstärke

Die Ionenstärke I berücksichtigt alle im Wasser gelösten Ionen:

(5) \(\large I = \frac{1}{2} \, \sum\limits_{i}z_{i}^{2} \, c_{i}\)

ci und zi bezeichnen hier die molare Konzentration und die Ladung des Ions i. Die Summe läuft über alle Ionensorten in der Lösung. Da die Ladung zi quadratisch eingeht, ist der Beitrag der mehrfach geladenen Ionen besonders groß. [In der Literatur wird die Ionenstärke I oftmals auch mit μ abgekürzt.]

Die von aqion berechnete Ionenstärke wird für jede Lösung in der Ergebnistabelle ausgegeben. Typische Ionenstärken in natürlichen Wässern sind:

Oberflächenwasser I   =   0.001 – 0.005 M
Trinkwasser / Grundwasser I   =   0.001 – 0.02 M
Meereswasser I   =   0.7 M

Es besteht eine direkte Beziehung zwischen den drei Größen: Ionenstärke, elektrische Leitfähigkeit und TDS.

Rechenbeispiel zur Ionenstärke

Die Ionenstärke einer CaCl2-Lösung ist gegeben durch:

  \(\begin{align*} I \ &= \ \frac{1}{2} \left\{ z_{Ca}^2 \,[Ca^{+2}] + z_{Cl}^2\, [Cl^{-}] \,\right \} \\ &= \ \frac{1}{2} \left\{ z_{Ca}^2\, [CaCl_2] + z_{Cl}^2 \,2\, [CaCl_2] \,\right \} \\ &= \ \frac{1}{2} \left\{ 2^2 \,[CaCl_2] + (-1)^2 \,2\, [CaCl_2] \,\right \} \\ &= \ \ 3 \ [CaCl_2] \\ \end{align*}\)

Hier sind die molaren Konzentrationen mit rechteckigen Klammern [..] abgekürzt. Man beachte in der zweiten Zeile den stöchiometrischen Faktor 2 bei Cl-.

Nach dieser Gleichung hätte eine 0.5 molare CaCl2-Lösung eine Ionenstärke von I = 3 × 0.5 M = 1.5 M.

[Dies lässt sich mit aqion schnell nachrechnen: Taste New, oberes Kontrollkästchen Mol aktivieren, Eingabe Ca = 500 mM und Cl = 1000 mM, dann Taste Start. Das Ergebnis 1.5 mol/L wird in der Ausgabetabelle angezeigt.]

[last modified: 2021-01-16]